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Clemens Meyer: Im Stein (2013)


Ariane

Empfohlene Beiträge

  • 2 Wochen später...
  • 2 Wochen später...

Kann man über dieses Buch überhaupt reden?

Wer in welcher Funktion? Aus welcher Perspektive? Mit welcher Sprache?

 

Wie reden über das, äh, ...?

"'Milieu' willst du sagen, nicht wahr? Was soll das sein. Ein 'feuchtwarmes', wie mein Geschäftsfreund A. immer zu sagen pflegte?"

 

Wer kann da mitsprechen? Der beobachtende, Anteil nehmende Bürger, der auf 550 Seiten mit Empörungsfutter versorgt wird; der beim Lesen ahnt, dass er da ein einmalig tief recherchiertes Buch in Händen hält, der schreien will "Sprengt den Stein!" und sogleich – vielleicht – gewahr wird, dass er selbst ein Teil davon ist und nicht mehr weiß, wohin er mit seinem Finger zeigen soll?

 

Der professionelle Akteur mit nostalgisierendem Blick auf die letzen dreißig Jahre, der selbst nur atemlos dem Strukturwandel seiner "Aktie Rot" nachrennen kann, der alles und nichts versteht, der das "saubere" Tageslicht für seine Geschäfte braucht und sich gleichzeitig in den unterirdischen Tunnels so gut es eben geht eingerichtet hat?

 

Die Sexworker, die bei dieser Tageslicht-Berufsbezeichnung kaum realisieren, dass sie gemeint sind? Die in Symbiose mit den Syndikaten leben und arbeiten, die als Teil der Pipelines in Strömen von Champus durch den Untergrund gespült werden; die als empfindlichste Verschleißteile der Maschine wie Edelsteine umsorgt werden und doch allein sind. "Es geht weiter. Einfach weiter."; die - immerhin - entscheiden, ob sie Old-School sind oder FO und Co anbieten; die ein Teil ihrer selbst abspalten oder, wenn sie schlau sind, die Geldmaschine als kurzes Lebensabschnittsprojekt abmelken und sich dann in die Unsichtbarkeit absetzen?

 

Die Kunden? Wir kommen im Buch doch am wenigsten vor. Unser Leben, unsere Motive, unsere Erfahrung interessieren nicht. Wir sind einfach da, ein Teil des Steins, kein Grund für ein moralisches Urteil. Marx beschreibt die Zahnräder der Maschine "Markt".

 

Alle diese Gruppen werden den Impuls verspüren zu widersprechen. Keiner wird wissen, wie er widersprechen soll. Wir verstummen alle.

 

Ariane sagt, ihr "Ich klage an" wird zitiert. Aber wer ist das Subjekt, wer ist der Adressat?

 

Das IHAMAZ-Prinzip: Irgendwie hängt alles mit allem zusammen. Und doch ist alles segmentiert, sind die Claims und die Verantwortlichkeiten abgesteckt: Der König der Wohnungen, der Herr der Clubs - alle arbeiten sie autonom, halten sich an die Reviergrenzen. Aber alle graben im selben Stein, dem umfassenden Untergrund. Alle träumen von dem allumfassenden Syndikat, dem geordneten und "sauberen" Abschöpfen der großen Maschine.

 

460 Seiten gelesen. Wir haben alles verstanden – und nichts. Dann kommt ein fulminantes Aufklärungskapitel "Hinter den Spiegeln" (die halbdurchlässigen Verhörzimmerspiegel/die Fassaden). Der große Chef der Engel lässt sich befragen. Wie funktioniert das Sytem? Wie die Syndikate? Wie der Menschenhandel? Stimmen die Tatort-Plots? Die anschließenden Diskussionen im Gasometer? ("Wie antwortest du A. Schwarzer?" "Gar nicht. Es hat keinen Sinn.") Und der Befrager lässt sich abspeisen mit Exkursen in private Lebensgeschichten und mit philosophischen Versatzstücken von sokratischem Nichtwissen.

"Aber es gibt doch Fakten, die sich nicht bestreiten lassen..."

"Niemand streitet. Niemand bestreitet."

Keine Chance.

 

Wie lest ihr das Buch?

 

Das erste Kapitel las ich noch mit Widerstand, mit Trotz: Clemens Meyer, du „weißt" zu viel! Wieder ist es ein Mann, der die Innensicht der Frau erzählt. Es ist deine Interpretation! Du bist es nicht selbst!

 

Den Widerstand habe ich dann aufgegeben. Es ist zu gut geschrieben. Und ja, okay, ich selbst komme nicht wirklich vor, aber man kennt es doch. Ich verstehe alles... Ich komme nicht wirklich vor? Oder bin ich da nicht vielmehr mitten drin in der steinernen Welt?

 

In den Schlusskapiteln sind wir Freier dann doch plötzlich dran: "Die Ruhelosen, die Wanderer, die Notgeilen, die Alkoholgeilen, an denen sie sich einen Muskelkater wichsen werden, eine Maulsperre blasen, die feinen Herren, die eben nochmal raus wollen. Die Preisdrücker. Die Perversen. Die Stammgäste, die Einsamen, die Zärtlichkeit Suchenden. Die Hardcore-Ficker. Die Streichler. Die Ungehobelten. Die Schmeichler. Die Irren."

Der "Nette", der das Wörtchen "Bitte" kennt. "Nette Umgangsformen am Arbeitsplatz verbessern das Betriebsklima." Aber er nervt, weil er sich so sehr ankuscheln will...

 

Man liest das Buch mit einer Sehnsucht nach Helligkeit, raus aus der Nacht, endlich an den Tag. Und dass endlich der Stein gesprengt würde...

Aber wir bleiben in der Dauer-Melancholie. Man weiß alles genau. Es ist so. Es ist auch anders...

 

"Literatur muss weh tun", sagt der Autor in einem Interview. Derart präzise hat den "Stein" noch keiner beschrieben. Ein grandioses Buch.

Bearbeitet von lust4fun
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  • 4 Monate später...

"Im Stein" von Clemens Meyer wurde nun im Stuttgarter Schauspielhaus inszeniert.

 

Das Publikum flüchtete, die Kritiker sind auch nicht begeistert - ein Grund mehr, hinzugehen?

 

"Leise und eindringlich ist dieses Schlusswort der Hure. Dann Schweigen – und schließlich ein gemischtes Konzert aus Buhs und Bravos, das sich der zu lang geratene, aber doch auch überwältigende Filmbühnensteintrip redlich verdient hat. Im Nachtprogramm von Arte jedenfalls würde er bei David-Lynch-Fans großes Entzücken auslösen."

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.sebastian-hartmann-inszeniert-im-stein-porno-puff-und-poesie.21bb8f2b-452c-4ef4-9be0-ec33e2b6a943.html

 

"Der Abend lebt von einer Skandalisierungsgeste, doch die ist hohl und so altbacken wie die Idee, Comicfiguren wie Minnie Maus über die Bühne schleichen zu lassen, die für den Mief und die Prüderie der fünfziger Jahre stehen. Disneys Mäuschen als Symbol des alten Kapitalismus, der sich längst – und wesentlich perfider als Hartmanns Inszenierung zeigt – weiterentwickelt hat. So technisch anspruchsvoll, so gedanklich konventionell ist dieser Rückfall in längst vergangene Zeiten des Bürgerschrecktheaters."

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.schauspielhaus-stuttgart-sex-luegen-und-video.c23f4e73-9ca4-4870-bf50-6eba6db2f218.html

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