Das Szenario, das Lucy hier schildert, erinnert mich eher an "Szenen einer Ehe": Man ist fünfzehn Jahre zusammen (oder sind es gar schon schon sechzehn?), kennt sich in und auswendig, schätzt sich als vertraute Partner, aber die Chance, dass es Überraschungen geben könnte, ist gleich Null - und im Bett gibt gerade er sich schon seit langem keine rechte Mühe mehr.
Das Szenario eines Escortdates ist bzw. kann das gerade Gegenteil davon sein. Aus ihrer Perspektive betrachtet: die Männer sind zumindest nicht ganz arm, zumindest nicht ganz ungebildet, mit einiger Sicherheit aber ziemlich gelangweilt in ihren Beziehungen, in denen sie aus welchen Gründen auch immer festhängen. Männer also, die aus ihrem Alltag ausbrechen wollen. Und sei es für die Frist einer Nacht. Und die dafür selber (!) gern ein wenig schauspielern und die rumpelstilzchenhafte Bösartigkeit, die sie bisweilen befallen mag, lieber zu Hause lassen.
Mit anderen Worten: Auf die Escortdame kommt eine Chance zu, auf die die Ehefrau zu Hause schon lange nicht mehr zu hoffen wagt! Wenn beide - die Dame und der sie begleitende Mann - in den nächsten Stunden nicht alles falsch machen, ist die Chance tatsächlich riesengroß, dass sich etwas entspinnt, bei dem beide gern mit tun. - Das Schauspielern gehört - auf beiden Seiten - notwendig dazu, aber es ist eines, das beide gern tun (können).