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”Prostitution in Europa – Nationale Gesetze und europapolitische Perspektiven”


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19. Green Ladies` Lunch, Seite 1 von 6

Feministisches Institut der Heinrich-Böll-Stiftung

19. Green Ladies’ Lunch

”Prostitution in Europa – Nationale Gesetze und europapolitische Perspektiven”

16.März 2005, Berlin

„Das deutsche Prostitutionsgesetz“

- Entstehung, Hintergründe, Erfahrungen und Perspektiven -

Irmingard Schewe-Gerigk, MdB Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Frauenpolitische Sprecherin

Zunächst möchte ich etwas zur Entstehung und zum Hintergrund des deutschen

Prostitutionsgesetzes sagen, dann zu den ersten Auswirkungen und dann auf die

aktuelle Diskussion um Zwangsprostitution und Freierbestrafung eingehen.

Entstehung und Hintergrund des deutschen Prostitutionsgesetzes:

Seit gut drei Jahren gibt es das neue Prostitutionsgesetz in Deutschland.

Die wesentlichen Punkte: Seit dem Jahr 2002 ist Prostitution endlich nicht mehr

sittenwidrig. Der Zugang zu Kranken- und Rentenversicherung steht den Prostituierten

seither offen. Prostituierte, die freiwillig dieser Tätigkeit nachgehen, dürfen nicht mehr

kriminalisiert werden. Prostituierte haben nun einen Anspruch auf das vereinbarte

Entgelt, wenn sie ihre Leistung erbracht haben. Indem ein einseitig verpflichtender

Vertrag gewählt wurde, wird deutlich, dass es um Rechtsansprüche der Prostituierten,

nicht aber um Rechtsansprüche zugunsten von Kunden und Bordellbetreibern gegen

die Prostituierten geht. Die Vereinbarung verstößt nicht gegen die guten Sitten.

Die Prostituierte soll u. a.

– keine Kündigungsfrist einhalten müssen, um ein Beschäftigungsverhältnis beenden

zu können;

– keinen Ansprüchen auf Vornahme der sexuellen Handlungen bzw. Ansprüchen

wegen angeblicher „Schlechtleistung“ ausgesetzt sein;

– keinem Direktionsrecht des Bordellbetreibers unterliegen, das über die Bestimmung

von Ort und Zeit hinausgeht (z.B. freie Auswahl der Kunden).

Prostituierte haben damit die Möglichkeit erhalten, abgesichert und unter guten

Bedingungen als Angestellte oder auch selbständig zu arbeiten. Die Ausbeutung oder

unzumutbare Beeinflussung von Prostituierten bleibt weiterhin unter Strafe (§ 180a Abs.

1 Ziffer 1 und § 181a StGB). Ebenso bleibt der Schutz von Minderjährigen erhalten.

Prostituierte, die in Bordellen, Clubs oder ähnlichen Einrichtungen arbeiten, erfüllen

typische Merkmale abhängig Beschäftigter. Die Streichung von § 180a Abs. 1 Nr. 2

StGB sichert die Einbeziehung Prostituierter in die Sozialversicherung.

Bisher scheiterte der Zugang zur Sozialversicherung daran, dass Bordellbesitzer, bei

denen Prostituierte als Angestellte arbeiten, sich u. U. nach § 180a Abs. 1 Nr. 2

"Förderung der Prostitution" strafbar machten. Für die Annahme eines sozialver-

sicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses reicht es aus, dass faktisch eine

abhängige Tätigkeit ausgeübt wird, die

– durch ein eingeschränktes Direktionsrecht des „Arbeitgebers“ bei einem Höchstmaß

an Eigenverantwortung der Prostituierten,

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– einer gewissen Eingliederung in den Betrieb

und

– durch die Freiwilligkeit der Tätigkeit

gekennzeichnet ist.

Das Gesetz legt darüber hinaus fest, dass Prostituierte jederzeit die Möglichkeit haben,

aus ihrer Tätigkeit „auszusteigen“, z.B. indem sie Umschulungsmaßnahmen in

Anspruch nehmen können.

Das Werbeverbot für Prostitution besteht übrigens nach wie vor und wurde nicht mit

dem Gesetz von 2002 abgeschafft. Allerdings gibt es immer wieder Anzeigen in

Zeitungen, die nach unserem Empfinden durchaus als Werbung für Prostitution gelten

könnten. Hier erscheint es sinnvoll, an HerausgeberIn oder ChefredakteurIn zu

schreiben.

Bewertung:

Das Gesetz ist ein Erfolg grüner Frauenpolitik: Seit 1990, also über 10 Jahre haben wir

Grüne dafür gestritten, dass sich endlich etwas ändert an der ungerechten Situation, die

für die vielen tausend Prostituierten in Deutschland wenig Sicherheit und viel

Diskriminierung bedeutet hat. Wir haben mit dem Prostitutionsgesetz unsere Ideen

durchgesetzt, mussten allerdings aufgrund der Ängstlichkeit unserer Koalitionspartnerin

einigen Formulierungen zustimmen, die sich in der Anwendung als schwierig erweisen.

Steht der schwer errungene Fortschritt nur auf dem Papier?

Fakt ist, dass sich bisher kaum Prostituierte unter dieser Berufsbezeichnung bei den

Sozialversicherungen angemeldet haben.

Das hat im Wesentlichen drei Gründe: Zum einen ist dies die ungeklärte Regelung der

Steuerzahlung. Es ist schon vorgekommen, dass die Prostituierten aufgefordert wurden,

ihr Einkommen der letzten Jahre nachzuweisen und ggf. Steuern und Sozialver-

sicherungsbeiträge nachzuzahlen. Das ist natürlich eine hohe Hürde. Daher setzen wir

Grünen uns für eine Stichtagsregelung ein; alle Einkommen aus der Zeit vor

Inkrafttreten des Gesetzes sollen darunter fallen. Bisher hatten wir allerdings beim

Bundesfinanzministerium damit keinen Erfolg. Dafür hat das Ministerium uns aber

zugesagt, sich um eine einheitliche Regelung in allen Bundesländern zu bemühen.

Bisher wird die Frage, wie Prostituierte Steuern zahlen, nämlich nicht nur äußerst

kompliziert, sondern auch noch von Land zu Land unterschiedlich geregelt. Der zweite

Grund ist, dass wir die Doppelmoral, die seit Jahrhunderten das Thema Prostitution

umgibt, nicht in zwei, drei Jahren ändern können. Dafür wird es sehr viel mehr Zeit

brauchen. Und zu guter Letzt scheint es mir auch unter Prostituierten Menschen zu

geben, die kein Interesse daran haben, Steuern und Sozialabgaben zu zahlen. Bzw.

sehen viele Frauen die Prostitution nur als vorübergehende Lösung an und wollen sich

deshalb möglicherweise gar nicht erst auf solche offiziellen Regeln einlassen.

Hinzu kommen faktische Widerstände und Schwierigkeiten: Einige Bundesländer

unterlaufen die Bundesgesetzgebung. So ermittelt in Bayern die Staatsanwaltschaft

wegen Zuhälterei, kaum dass ein Arbeitsvertrag vorliegt. Dies widerspricht der

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte bereits im August 2003

entschieden, dass eine Festlegung von Arbeitszeiten, Einsatzorten und Preisen noch

kein „Bestimmen“ zur Prostitution im Sinne des Strafgesetzes begründe. Hinzu kommen

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anachronistische Sperrgebietsverordnungen und restriktive Auslegungen von Bau- und

Gewerbeordnungen.

Bei der Verabschiedung des Gesetzes haben wir im Deutschen Bundestag vereinbart,

dass nach drei Jahren eine erste Bilanz des Gesetzes gezogen wird. Dies wird zurzeit

in einer Untersuchung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und

Jugend gemacht, deren Ergebnisse in der zweiten Jahreshälfte vorliegen sollen. Dann

werden wir über genauere Daten verfügen.

Zusammenfassend möchte ich sagen:

Das Gesetz gab den Prostituierten längst überfällige Rechte und die Möglichkeit, diese

auch durchzusetzen. Der Bewusstseinswandel der Gesellschaft wird aber noch ein

paar Jahre brauchen. Wir wollen erreichen, dass Länder und Kommunen die Gewerbe-

und Sperrbezirksverordnungen nicht mehr gegen Prostituierte einsetzen. Außerdem

sind Änderungen im Ausländerrecht – nach Schätzungen sind über 50% der

SexarbeiterInnen MigrantInnen, das Gesetz gilt aber nur für die, die eine legale

Arbeitserlaubnis hier besitzen - und der Wegfall des Werbeverbots wünschenswert.

Der Informationsbedarf ist hoch, hier sind mehr Materialien und Beratungsstellen

erforderlich. Vor allem werden wir uns weiterhin bei der Besteuerung gegenüber dem

Finanzministerium für eine Vereinheitlichung und eine Stichtagsregelung zum 1.1.2002

einsetzen. Der Verband der Rentenversicherungsträger geht bereits jetzt davon aus,

dass vor dem 1.1.2002 kein Beschäftigungsverhältnis einer Prostituierten vorgelegen

habe, damit werden auch keine Sozialversicherungsbeiträge vor diesem Zeitpunkt

fällig. Eine solche Regelung sollte auch für das Finanzministerium möglich sein (aber

es gibt leider diesen Brief aus dem BMF, mit dem sie uns im Grunde schon die

Hoffnung auf eine Stichtagsregelung genommen haben).

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Menschenhandel, Zwangsprostitution und Freierbestrafung

Nun werden in der aktuellen politischen Diskussion drei andere Themen mit dem

Prostitutionsgesetz verbunden: Menschenhandel, Zwangsprostitution und

Freierbestrafung – gerne auch verbunden mit dem Vorwurf, die Grünen mit ihrer Multi-

Kulti-Affinität hätten Schuld an der Ausbeutung der Frauen.

Das Gegenteil ist der Fall. Wie die meisten von Ihnen hier wissen, haben wir die

Gesetzgebung zu Menschenhandel gerade drastisch ausgeweitet und verschärft. Dabei

wurden internationale und EU-Vorgaben in deutsches Recht umgesetzt. Das Gesetz ist

am 19. Februar 2005 in Kraft getreten.

Die wesentlichen Punkte:

• Die Straftatbestände wurden erweitert. Das heißt, nicht mehr nur die Ausbeutung

in der Zwangsprostitution fällt unter Menschenhandel, sondern auch die

Ausbeutung in Peepshows, zur Herstellung pornographischer Darstellungen und

Heiratshandel. Ein Straftatbestand zur Ausbeutung der Arbeitskraft wurde neu

geschaffen, denn diese Seite des Menschenhandels war bisher im Gesetz nicht

sichtbar.

• Die Mindeststrafe wurde erhöht, für die Fälle wenn das Opfer schwer miss-

handelt oder in die Gefahr des Todes gebracht wurde oder wenn der Täter als

Mitglied einer Bande handelte.

• Kinder sind auf grüne Initiative hin ebenfalls durch die erhöhte Mindeststraf-

drohung unter besonderen Schutz gestellt.

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• Durch den neuen Tatbestand „Förderung des Menschenhandels“ werden auch

beihilfeartige Handlungen wie das Beherbergen oder Befördern von Opfern

erfasst. Endlich können jetzt auch die eigentlich wirtschaftlich profitierenden

Hintermänner bzw. das kriminelle Umfeld bestraft werden, denen bisher kein

Menschenhandel im engeren Sinne nachgewiesen werden konnte.

• Wir haben durchgesetzt, dass bei sexueller Ausbeutung nicht länger Voraus-

setzung ist, dass der Täter durch die Tat einen Vermögensvorteil erlangt. Denn

nicht immer ist das Täterverhalten durch Vermögenswerte motiviert.

• Wir haben den § 154c Strafprozessordnung erweitert, um die Opfer zu

motivieren, mit ihrer gerichtlichen Aussage die Ermittlung der Täter/innen zu

unterstützen. Die Staatsanwaltschaft kann nun unter erleichterten Voraus-

setzungen von der Verfolgung einer Straftat, z.B. des illegalen Aufenthalts der

Menschenhandelsopfer, absehen, wenn diese Anzeige gegen die Täter

erstatten. Das ist auch ein Beitrag zum Operschutz.

• Künftig gilt es als besonders schwerer Fall der Nötigung, wenn das Opfer zur

Eingehung der Ehe genötigt wurde. Damit haben wir ein Signal gegen Zwangs-

verheiratungen gesetzt.

Alles das wurde bereits geregelt. Nun zur Frage der Bestrafung von Freiern, die

wissentlich zu Zwangsprostituierten gehen. Hier kann ich nur wiederholen: Das ist

ein komplexes rechtliches Thema, das wir zurzeit prüfen. Am 20. April werden wir

gemeinsam mit der SPD eine Anhörung mit ExpertInnen durchführen. Wir müssen vor

allem klären, ob es eine Strafbarkeitslücke gibt oder ob die bestehenden Bestimmungen

ausreichen. Dann müssen wir klären, ob es den Opfern – also meistens den Frauen –

eher nützt oder eher schadet. Denn die Fachöffentlichkeit ist in der Beurteilung der

Frage der Freierstrafbarkeit gespalten: Fachberatungsstellen für Menschenhandels-

opfer und Prostituiertenberatungen sind teils dafür, teils unentschieden mit großen

Bedenken, wohl überwiegend sind sie aber gegen die Einführung einer Strafbarkeit der

Freier von Menschenhandelsopfern. Das können und wollen wir nicht ignorieren. Daran,

dass sich Freier zumindest dann strafwürdig verhalten, wenn sie die Zwangslage der

Frauen eindeutig erkennen, besteht kein Zweifel.

Wir werden sorgfältig arbeiten und lassen uns nicht durch populistische Schnellschüsse

der Union treiben. (Im Übrigen hätten wir uns einen solchen Aktionismus auch gegen

das CDU-Präsidiumsmitglied Friedmann gewünscht.)

Wir müssen z.B. klären, ob nicht eine Strafbarkeit nach § 177 Abs.1 Nr.3 wegen

sexueller Nötigung unter Ausnutzen einer schutzlosen Lage gegeben ist. Hier gibt es

das Problem, dass nach der bisherigen (spärlichen) Rechtsprechung dazu erforderlich

ist, dass der Täter einen aktuell entgegenstehenden Willen des Opfers bricht. Das ist

bei Zwangsprostituierten, die sich in ihr Schicksal gefügt haben, regelmäßig nicht der

Fall. (Allerdings wird man hier abwarten müssen, wie sich die Rechtsprechung zu § 177

hier weiter entwickelt)

Strafbar ist selbstverständlich Gewaltanwendung oder Drohung durch den Freier selbst

oder wenn er sich hierzu Dritter bedient. Hier können je nach Fallgestaltung sexuelle

Nötigung, Vergewaltigung, Nötigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung etc.

vorliegen. Strafbar ist auch der (entgeltliche) Sexualverkehr mit Unter-16jährigen (§ 182

Abs.1 Nr.2 StGB). Straffrei ist jedoch die Inanspruchnahme der Dienste von minder-

jährigen Prostituierten über 16, auch wenn diese Menschenhandelsopfer sind.

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Argumente für eine Strafbarkeit der Freier von Menschenhandelsopfern

• Unerträglichkeit der Strafbarkeitslücke; absolute Strafwürdigkeit des Verhaltens;

Freier als die eigentlichen Verursacher des Elends von Zwangsprostituierten

• symbolische Signalwirkung an die Öffentlichkeit wie an die Freier

• generalpräventive Wirkung auf Freier (z.B. wegen Furcht vor Verlust der

Anonymität und persönlichen Folgen, z.B. Erklärungsnot gegenüber Ehefrau)

• dadurch Einflussnahme auf den „Markt“ über die Nachfrageseite mit der

Konsequenz, dass auf lange Sicht weniger Frauen Opfer von Menschenhandel

werden

• Teilung des Marktes in „gute“ und „böse“ Betriebe; Förderung der Transparenz

der ordnungsgemäß arbeitenden Betreiber; am Besten im Zusammenhang mit

gewerberechtlichen Instrumentarien zur Einführung von Mindeststandards

• Ein Teil der Befürworter hält eine Freierstrafbarkeit für vereinbar mit den Zielen

des ProstG, da ProstG der sexuellen Selbstbestimmung von Prostituierten einen

hohen Stellenwert einräumt und die Ausbeutung von Prostituierten unter Strafe

stellt

Argumente gegen eine Strafbarkeit der Freier von Menschenhandelsopfern

Gegen die Kriminalisierung der Freier von Menschenhandelsopfern spricht in erster

Linie die Gefahr kontraproduktiver Wirkungen für den Schutz von Menschenhandels-

opfern und im Hinblick auf die Strafverfolgung von Menschenhändlern:

• In Schweden führte die Einführung der generellen Strafbarkeit des Kaufs

sexueller Dienstleistungen nach Berichten schwedischer Nichtregierungsorga-

nisationen zu einer Verlagerung von der Straßenprostitution und bekannten

Häusern/ Clubs in geheim gehaltene Wohnungen und Appartements. Die Frauen

sind stärker auf Zuhälter angewiesen. Sie sind zusätzlich dem Druck der Freier

ausgesetzt und generell weniger vor sexueller und wirtschaftlicher Ausbeutung

geschützt. Ob durch das Gesetz ein Rückgang der Prostitution bewirkt wurde, ist

sehr zweifelhaft. Wie ich gehört habe, plädiert das schwedische Bundeskriminal-

amt inzwischen schon für die Rücknahme des Gesetzes.

• In kleinerem Maßstab könnte ähnliches für bestimmte Bereiche der Prostitution

in Deutschland geschehen. Ein Verdrängungseffekt würde möglicherweise in

erster Linie echte Opfer von Menschenhandel treffen. Da die Gruppen aus

Freiersicht schwer voneinander abzugrenzen sind, wären aber möglicherweise

auch freiwillig in der Prostitution arbeitende Migrantinnen, z.B. in der

Wohnungsprostitution, einem verstärkten Druck ausgesetzt. Der Zugang von

Beratungsstellen zum Milieu könnte erschwert werden, da das Umfeld eine

„höhere Schutzmauer“ um die Frauen errichtet. Damit ginge die Freierstrafbarkeit

möglicherweise zu Lasten der Frauen.

• Beratungsstellen befürchten die Zerstörung positiver Arbeitsansätze der letzten

Jahre. So berichtet die Dortmunder Mitternachtsmission von einer generellen

Verbesserung der Kooperation zwischen Bordellbetreibenden, Beratungsstellen,

Polizei, Ausländeramt, Ordnungsamt. Bordellbetreibende würden verstärkt

darauf achten, keine Menschenhandelsopfer „untergeschoben“ zu bekommen.

Bei Bordellbetreibenden und Prostituierten wachse die Bereitschaft, ein Gewerbe

anzumelden und aus der Prostitution erzielte Einkommen dem Finanzamt offen

zu legen. Diese positiven Entwicklungen könnten durch erneute repressive

Maßnahmen gefährdet sein.

• Die Bereitschaft von Freiern, Opfern von Menschenhandel zu helfen, wird

zurückgehen. Hieran ändert auch eine Kronzeugenregelung nichts, da diese

nicht verhindert, dass das Umfeld durch Vorladungen etc. vom „Freiersein“

19. Green Ladies` Lunch, Seite 6 von 6

erfährt. Andere Ansätze, mit denen Freier auf ihre Mitverantwortung hin

angesprochen werden, z.B: Kampagnen zur Sensibilisierung und Aufklärung von

Freiern, wie sie beispielsweise von der Diakonie derzeit geprüft werden, stehen

hierzu in einem gewissen Spannungsverhältnis.

• Selbst wenn man keinen Gegensatz zum ProstG annimmt, droht in der öffent-

lichen Wahrnehmung wie in der „Szene“ eine undifferenzierte Rezeption zu

Lasten der durch das ProstG geförderten größeren Transparenz des Rotlicht-

milieus.

• Die mit der Freierstrafbarkeit verbundene Fokusverschiebung könnte generell zu

einem Zurücktreten der Opferschutzthematik führen und in der öffentlichen

Wahrnehmung Alibifunktion entfalten.

• mangelnde Effizienz des Straftatbestandes wegen schlechter Nachweisbarkeit

• binden polizeilicher Ressourcen (Großverfahren mit 400 Freiern verhindern auf

Jahre die Verfolgung anderer Fälle von Menschenhandel)

Zum Unionsvorschlag:

Eine Änderung des ProstG lehnen wir ab.

• Von einer Strafbarkeit bei Leichtfertigkeit des Freiers sollte abgesehen werden,

da aus gutem Grund im Sexualstrafrecht keine Fahrlässigkeitsdelikte bekannt

sind. Die Begründung mit der leichteren Beweisbarkeit überzeugt nicht, da

zumindest die objektiven Hinweise auf eine bestehende Zwangslage und deren

Erkennbarkeit auch hierfür bewiesen werden müssen.

• Die Formulierung der Freierstrafbarkeit als an das vollendete Menschenhandels-

delikt anknüpfende Tat (Ausnutzen der durch eine Tat nach § 232 geschaffene

Lage) ist insoweit unbefriedigend, als sie nicht an der aktuellen Situation im

Verhältnis zwischen Freier und Prostituierter anknüpft, sondern daran, dass die

Prostituierte (irgendwann) durch Menschenhandel in eine Zwangslage

gekommen ist, in der sie sexuelle Dienste anbietet.

Alternative: (vgl. Renzikowski)

Als Alternative zur bayrischen Lösung wird in der juristischen Fachöffentlichkeit (Prof.

Dr. Renzikowski) eine neue Strafvorschrift im Sexualstrafrecht diskutiert, die generell

sexuelle Handlungen unter Ausnutzung einer bestehenden Zwangslage unter

Strafe stellt. Als Vorbild könnte die Regelung des § 182 Abs.1 Nr.2 dienen, der

bezogen auf die Altergruppe zwischen 16 und 18 sexuelle Handlungen unter

Ausnutzung einer Zwangslage unter Strafe stellt. Hierbei würde an der aktuell

bestehenden Zwangslage des Opfers angeknüpft, statt auf das bereits abgeschlossene

Delikt des Menschenhandels. Mit einer solchen Vorschrift würden auch andere Fälle als

die durch den Menschenhandel geschaffene Zwangslage abgedeckt, wie beispiels-

weise das bewusste Ausnutzen einer durch Drogenabhängigkeit entstandenen Zwangs-

lage oder das Ausprobieren von Frauen im Zusammenhang mit dem Heiratshandel.

Dies macht diesen Vorschlag einerseits reizvoll, wirft aber andererseits auch neue

Fragen auf. Als weitere „Nebenwirkung“ wäre zu bedenken, ob die mit einer solchen

Lösung verbundene Diskussion um die bestehenden Altersgrenzen im Sexualstrafrecht

politisch gewollt ist.

Sie sehen, es gibt noch eine Menge offener Fragen und Diskussionsbedarf. Ich freue

mich, dass dieser Ladies Lunch dazu ein Forum bietet und bin gespannt, was hier noch

aus anderen Ländern berichtet wird.

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