Hi Ariane,
daß Du hier liest und reagierst, ist ja offensichtlich. Ich habe Dir eine ganz ernst gemeinte Frage gestellt – das war keine Rhetorik – und wäre an Deiner Sicht tatsächlich interessiert.
Deine Gegenfrage auf @Fulano macht das Problem deutlich: eine Lösung in dem Sinne, daß die Branche, wie Du es nennst, sich zum humanen Beruf wandelt, wo Respekt die Spielregeln bestimmt und nicht die Not oder Erwerbsdruck, scheint mir illusorisch zu sein. Nicht, weil die Gesellschaft es nicht wollte, sondern wegen des Produktes, das verkauft wird, d.h. wegen der Gleichsetzung von Bedürfnis, Liebesmangel, Libido etc. mit Geld und den daraus entstehenden Abhängigkeiten auf beiden Seiten.
Du siehst es an den Diskussionen hier: alle paar Wochen kommt das Thema auf, ist Escorting bzw. Sex nun eine Dienstleistung wie alle anderen oder nicht? Und beide Seiten, Escorts und Kunden, haben innerhalb ihrer eigenen Reihen absolut konträre Haltungen dazu. Seit ich dabei bin, schloß noch kein einziger Thread mit einer übergreifenden Conclusio ab.
Ich halte es für zu einfach, Gegenargumenten mit "also willst Du nichts dagegen tun" zu begegnen, so als ob die von Dir geäußerte Aussage inhaltlich alternativlos sei. Es ist unrealistisch, in Generalismen zu sprechen, so ungleich verteilt sind die Schicksale bzw. das Los, auf dessen Verbesserung Deine und andere Aktionen hinarbeiten. Die Mehrzahl der Damen in der rechten Spalte hier auf der Seite hätte wahrscheinlich durchaus Optionen, nicht in prekäre Lebensumstände zu geraten, entschied sich jedoch für Escorting, und ich wage die Vermutung, daß diese Entscheidung ausschließlich mit dem zu erwartenden Mehrverdienst zusammenhängt. Damit spreche ich ausdrücklich nicht über Zwangsprostitution.
Dein Thema ist, scheint mir, viel eher die Tatsache, daß nicht einmal die Aktivistinnen in diesem Prozeß einheitlich bzw. geschlossen agieren können. Das ist in der Tat tragisch und hat starke Parallelen zum Zerwürfnis zwischen Feminismus und feministischer Identitätspolitik.