No business as usual

Anna Lytisch · September 26, 2008

Ein Geschäftsessen. Sie waren sich einig geworden. Normalerweise war sie froh, wenn solche Termine dann schnell beendet wurden. Doch dieses meeting empfand sie als angenehm. Lag es vielleicht daran, dass sich die meisten Kollegen bereits verabschiedet hatten? Dass sie nun mit dem neuen Auftraggeber alleine am Tisch saß und noch in Ruhe das letzte Glas Wein leeren wollte, bevor sie sich ein Taxi rief? Vielleicht...

Möglicherweise lag es aber auch an der Ausstrahlung ihres Gegenübers. Er wirkte männlich und sensibel zugleich. Nicht gerade George Clooney, aber dennoch sehr attraktiv. Schönlingen konnte sie ohnehin nichts abgewinnen. Sie mochte markante Gesichtszüge bei Männern. Und gepflegte Hände. Er hatte wunderschöne, sehr gepflegte Hände. Und sie ertappte sich bei dem Gedanken, wie diese Hände sich den Weg unter den Rock ihres doch eher konservativen Kostüms bahnten. Ob er ahnte, dass es darunter gar nicht so konservativ aussah? Ob er wusste, welches Feuer sich hinter ihrer strengen Aufmachung verbarg? Und ob er fühlte, welche Gedanken sie gerade beschlichen? Seine Worte verrieten nichts, hielten sich ans Protokoll. Aber seine Blicke überschritten die unsichtbare Grenze. Und auch, wenn es normalerweise nicht zu ihrer Geschäftstaktik gehörte: Sie erwiderte diese Blicke und begann einen Flirt mit den Augen, drehte ihr Weinglas zwischen den Fingern, leckte sich mit der Zunge verstohlen über die Lippen. Doch beide wahrten Contenance.

Er verlangte nach der Rechnung und bat den Kellner, ein Taxi für die Dame zu bestellen. Da es schon sehr spät war, beschlossen sie, draußen zu warten – länger als eine Viertelstunde würde es nicht dauern, hatte man ihr versichert. Als Kavalier der alten Schule ließ er sie selbstverständlich nicht allein auf dem nur spärlich beleuchteten Parkplatz.

Vielmehr führten sie ihre angeregte Unterhaltung fort – und den Flirt. Ihre Gesichter kamen sich dabei langsam näher, und es musst einfach passieren: ein erster Kuss, zunächst noch fragend, aber dann voller Verlangen. Das, was sich den Abend über angestaut hatte, entlud sich nun in wilder Gier.

Zielsicher schob er ihren Rock hoch, fuhr mit den Fingern unter den Rand ihrer Strümpfe und dann ein Stück weiter und ertastete, was er die ganze Zeit vermutet hatte: ein winziges Stückchen Stoff, getränkt von süßer, warmer Feuchtigkeit, die ihm den Verstand raubte. Fast schon brutal griff er in ihr Haar, riss ihren Kopf nach hinten und stieß seine Finger in sie. “Geiles Miststück”, zischte er. Und sie? Genoss sein wildes Begehren und glaubte vor Lust zu vergehen. Hilflos klammerte sie sich an ihm fest, als der Boden unter ihren Füßen zu verschwinden schien. Schier endlos setzte er seine lustvollen Bewegungen fort, registrierte dabei, dass sie sich dann an seinem Reißverschluss zu schaffen machte und ihn an empfindlicher Stelle auf eine Weise berührte, die ihn in kürzester Zeit explodieren lassen würde. Mit letzter Willenskraft schaffte er es, sich von ihr zu lösen, als die Scheinwerfer des Taxis langsam sichtbar wurden. Sie brauchten sich überhaupt nicht zu verständigen: Es war klar, dass sie dem Taxifahrer nicht ihre Adresse nennen würde. Stattdessen bedauerten sie den Irrtum und er steckte dem Fahrer einen Geldschein zu. Natürlich würde sie die Nacht in seinem Hotelzimmer verbringen, und natürlich würden sie dort das Spiel mit dem Feuer ausdehnen bis hin zum alles ergreifenden Flächenbrand und so den erfolgreichen Geschäftsabschluss mehr als würdig begehen.

Nicht üblich, aber auch gar nicht übel.